Problemkinder der 90s: 9 Songs, die Ärger machten
Sie wurden verboten, zensiert, boykottiert – und trotzdem Kult: Diese Songs haben den Soundtrack der 90er ordentlich durcheinandergewirbelt.
Sie wurden verboten, zensiert, boykottiert – und trotzdem Kult: Diese Songs haben den Soundtrack der 90er ordentlich durcheinandergewirbelt.
90s90s In The Mix - das DJ Radio für 90er - nonstop feiern und gute Laune ohne Pause. Mit dieser Playlist müsst ihr euch um die Stimmung auf eurer nächsten Party gar keine Sorgen mehr machen!
Die 90er waren musikalisch wild – und manchmal zu wild für Politik, Medien und Moralwächter. Diese 9 Tracks standen stellvertretend für Skandale, Zensurdebatten und den Kampf um künstlerische Freiheit. Heute Kult – damals fast verboten.
Was als Protest gegen Polizeigewalt gemeint war, wurde zum Politikum. Ice-T schlüpfte in die Rolle eines fiktiven Cop-Killers – und löste eine Law-and-Order-Debatte aus, die bis ins Weiße Haus schwappte. Präsident George Bush und Vize Dan Quayle übten öffentlich Druck aus, Polizeigewerkschaften riefen zum Boykott auf. Die Plattenfirma Warner Bros. knickte ein, der Song wurde vom Body Count-Album entfernt. Das Album erschien neu – ohne „Cop Killer“. Damit wurde der Track unfreiwillig zum Symbol für Zensur im Musikgeschäft.
Kaum ein Song aus den 90ern hat so sehr polarisiert: Der Titel galt vielen als frauenfeindlich, das Musikvideo – voller Drogen, Gewalt, Sex – setzte noch eins drauf. Erst am Ende des Clips wird klar: Die ganze Exzess-Tour durch die Nacht wurde aus der Perspektive einer Frau gezeigt. Clever? Ja. Aber zu provokant für viele. In den USA verweigerte MTV tagsüber die Ausstrahlung, die BBC verbannte den Song komplett aus dem Programm. Feministische Gruppen kritisierten The Prodigy scharf.
Ein Meilenstein im Kampf um künstlerische Freiheit. Die 2 Live Crew reagierte mit diesem Song auf ein Gerichtsurteil, das ihr vorheriges Album wegen Obszönität verbot. In Florida wurde ihr Material als „unanständig“ eingestuft – ein Präzedenzfall. “Banned in the U.S.A.” war musikalischer Mittelfinger und politisches Statement zugleich, mit einer Sample-Freigabe von Bruce Springsteen. Der Track wurde selbst zensiert, aber löste einen landesweiten Diskurs über Meinungsfreiheit, Rassismus und Moral in den Medien aus. Das Ergebnis: Eltern-Labels auf Alben wurden Standard.
Eigentlich eine Coverversion von Depeche Mode – doch das Musikvideo ließ die Diskussion explodieren. Die Band nutzte Ausschnitte aus Leni Riefenstahls NS-Propagandafilm „Olympia“. Die Ästhetik: schwarz-weiß, muskulöse Körper, Zeitlupen – historisch heikel. Kritik kam nicht nur aus Deutschland: Man warf der Band vor, rechte Bildsprache zu idealisieren. Rammstein verteidigten sich mit künstlerischer Freiheit. MTV reagierte sofort – das Video wurde nach wenigen Ausstrahlungen gesperrt. Die Diskussion über Rammsteins Ästhetik war damit weiter beflügelt – und hält bis heute an.
Ein Song gegen Rechtsradikalismus – klar, direkt und ungefiltert: „Du bist wirklich saudumm – darum geht's dir so schlecht!“ Der Track wurde zu einer der ersten großen musikalischen Reaktionen auf die rechtsextreme Gewaltwelle nach der Wiedervereinigung. Doch das „Arschloch!“ im Refrain war manchen Radios zu viel. Einzelne Sender verweigerten die Rotation, andere spielten gekürzte Versionen. Erst 2015 wurde der Die Ärzte-Song durch die Aktion #AktionArschloch wieder prominent – als Statement gegen Pegida & Co. und Beweis, dass klare Haltung in der Musik nicht alt wird.
Pop, der wehtat. In „Warum?“ verarbeiten die Musikerinnen den Drogentod einer Freundin – mit Zeilen über Überdosis, Notarzt und Trauer. Für ein Teenie-Girlband-Image war das eine radikale Kehrtwende. Radiosender taten sich schwer mit dem Thema, die öffentliche Diskussion drehte sich um Tabus in der Jugendkultur. Trotzdem ging der Song auf Platz 1 – und zeigte, dass Popmusik auch Abgründe zeigen darf. Gerade deshalb wurden Tic Tac Toe zu einem Sprachrohr für eine ganze Generation.
Ein Manifest gegen Polizeigewalt – geschrieben unter dem Eindruck der Rodney King-Affäre und der LA-Riots. Zack de la Rochas Wut ist nicht subtil: „Some of those that work forces are the same that burn crosses.“ Die Hook – „Fuck you, I won't do what you tell me!“ – wurde zur rebellischen Parole der 90s – und auf Partys lautstark mitgesungen. In Großbritannien wurde die unzensierte Version versehentlich im BBC-Radio gespielt – es hagelte über 100 Beschwerden. In den USA lief der Rage Against the Machine-Song nur als geschnittene Fassung. Und trotzdem: eine der einflussreichsten Rocknummern des Jahrzehnts.
Ein Vater bringt mit seiner Tochter die Leiche ihrer Mutter zum See – und tut dabei so, als wäre alles ein Spiel. Willkommen in der kranken Gedankenwelt von Slim Shady. Der Song wurde wegen seiner brutalen, frauenverachtenden Darstellung massiv kritisiert. In Großbritannien wurde er zensiert, in Deutschland als gefährdend für Jugendliche eingestuft. Auf „clean“-Versionen des Eminem-Albums wurde der Track entfernt oder ersetzt. Trotzdem: Der Song prägte das Image von Eminem als Enfant terrible – schockierend, aber sprachlich brillant inszeniert.
Trent Reznors düsterer Sex-Song ließ selbst MTV schlucken: „I wanna fuck you like an animal“ war schon als Line ein Affront – das Video ging noch weiter. Es zeigte verstörende Bilder: Kreuze, Affen am Beatmungsgerät, Bondage-Ästhetik. MTV ließ nur eine stark geschnittene Version zu – und das nur spät nachts. Kirchenvertreter protestierten, Medien diskutierten über die Grenze zwischen Kunst und Perversion. Trotzdem (oder genau deshalb) wurde „Closer“ von Nine Inch Nails ein Underground-Hit – und gilt heute als Klassiker der Industrial-Ära.
Manche dieser Songs wurden boykottiert, andere zensiert oder gleich ganz verboten. Und doch haben sie das geschafft, was Popmusik immer können sollte: nerven, stören, aufrütteln. Ob gegen Polizeigewalt, rechte Gewalt oder einfach gegen Langeweile – die „Problemkinder der 90er“ haben sich mit Wucht ins kollektive Gedächtnis geschrien. Heute laufen viele davon im Tagesprogramm. Damals liefen sie – wenn überhaupt – nach Mitternacht.