Der Rasenmähermann: 90er-Trash mit Zukunft?
Der Film nahm schon 1992 vorweg, was uns mit KI und VR noch bevorstehen könnte – und das auf die wohl absurdeste Art und Weise.
Der Film nahm schon 1992 vorweg, was uns mit KI und VR noch bevorstehen könnte – und das auf die wohl absurdeste Art und Weise.
Künstliche Intelligenz und Virtual Reality sind heute große Themen: KI-Modelle schreiben Texte, erschaffen Bilder und lernen schneller, als man es für möglich hielt. VR ist längst nicht mehr nur eine nerdige Spielerei, sondern ein ernstzunehmendes Werkzeug in der Medizin, Wissenschaft, Militär und bei Tech-Giganten wie Facebook, die mit ihrer Meta Quest-Plattform Virtual Reality immer weiter vorantreiben. Doch genau diese Ideen – die Verschmelzung von Mensch und Maschine, die Kontrolle über das Bewusstsein und die Angst vor einer KI-überlegenen Intelligenz – wurden bereits 1992 in "Der Rasenmähermann" verhandelt. Ist es also an der Zeit, sich diesen Film noch einmal anzusehen?
Die 90er waren ein wilder Ritt: irre Plateauschuhe, Loveparade, Techno und eine unbändige Faszination für alles, was mit "Cyber" zu tun hatte. Während Technojugend in Berlin zu elektronischen Beats tanzten und Dr. Motte "Friede, Freude, Eierkuchen" propagierte, glaubte Hollywood, die Zukunft sei digital. Filme wie "Johnny Mnemonic", "eXistenZ" oder "Strange Days" malten eine Welt, in der Menschen in virtuelle Realitäten eintauchten, mit Computern verschmolzen oder durch digitale Welten streiften. Doch kein Film ist so sehr aus der Zeit gefallen wie "Der Rasenmähermann" (1992) – ein Streifen, der damals als visionär galt, heute aber bestenfalls als Kuriosität durchgeht. Oder?
Dr. Lawrence Angelo (Achtung: gespielt von Pierce Brosnan) ist ein talentierter, aber frustrierter Wissenschaftler, der für eine geheime Forschungseinrichtung Experimente zur kognitiven Leistungssteigerung durchführt. Sein Ziel: die menschliche Intelligenz durch Virtual-Reality-Training und Medikamente auf ein nie dagewesenes Level zu heben. Doch das Militär, das seine Forschung finanziert, hat andere Pläne: Sie wollen das Programm zur Entwicklung von Supersoldaten nutzen.
Nachdem ein Versuch mit einem hochintelligenten Schimpansen schrecklich schiefgeht – der Affe flieht aus dem Labor, schnappt sich eine Waffe und wird letztlich erschossen –, gerät Dr. Lawrence Angelo ins Grübeln. Enttäuscht von der skrupellosen Agenda seiner Geldgeber, beschließt er, seine Experimente außerhalb der Regierungseinrichtung weiterzuführen. Dafür sucht er sich ein menschliches Versuchsobjekt: Jobe Smith (Jeff Fahey), einen gutmütigen, aber geistig zurückgebliebenen Gärtner.
Dr. Lawrence Angelo beginnt, Jobe Smith durch eine Kombination aus Virtual-Reality-Simulationen und einer speziellen Medikation zu trainieren. Die Fortschritte sind erstaunlich: Jobe Smith lernt in rasanter Geschwindigkeit, entwickelt eine höhere Intelligenz und beginnt schließlich, übernatürliche Kräfte wie Telepathie und Telekinese zu entwickeln. Doch der Erfolg hat eine dunkle Kehrseite – Jobe Smith wird zunehmend aggressiv und empfindet sich bald als übermenschliches Wesen. Sein Wahnsinn gipfelt in dem Entschluss, sein Bewusstsein vollständig in die digitale Welt hochzuladen, um von dort aus eine neue Existenz als gottähnliches Wesen zu führen. Während Dr. Lawrence Angelo verzweifelt versucht, Jobe Smith aufzuhalten, entgleitet ihm die Situation vollkommen. Am Ende kommt es zum dramatischen Finale…
Fans von Stephen King dürften mit der Stirn gerunzelt haben, als sie den Film sahen – und Stephen King selbst war erst recht nicht amused. Denn die Vorlage ist eine völlig andere: In Stephen Kings gleichnamiger Kurzgeschichte von 1975 geht es um einen Typen, der einen Gartenservice engagiert, nur um dann festzustellen, dass der "Rasenmähermann" nackt hinter seinem selbstfahrenden Mäher herkrabbelt und das frisch geschnittene Gras frisst. Ja, wirklich. Das war Stephen Kings schaurig-surrealer Horror, den das Studio in einen VR-Thriller ummünzte, der mit der Vorlage so viel zu tun hat wie ein Gameboy mit einer PlayStation 5.
Stephen King war stinksauer und verklagte New Line Cinema mehrfach, weil sein Name auf dem Poster prangte. Er gewann und bekam 2,5 Millionen Dollar Schadensersatz. Das Studio musste seinen Namen aus dem Titel entfernen – tat es aber auf den VHS-Covern trotzdem nicht. Also klagte Stephen King nochmal, gewann erneut und bekam für jeden Tag, an dem sein Name nicht entfernt wurde, 10.000 Dollar extra.
Also: Wer sich auf eine filmische Reise in eine Zeit begeben will, in der VR noch als die "nächste große Revolution" galt, Stephen King gegen Hollywood kämpfte und CGI mehr Pixel als Stil hatte – schnappt euch eine DVD von "Der Rasenmähermann" und genießt den Rausch der frühen Cyber-Träume. Nee, Quatsch, Ihr findet den Film auch bei Amazon Prime und Apple TV.