Das Chullo ist zurück – aber nicht in Deutschland
Die Spin Doctors sind zurück mit „Face Full of Cake“. Aber bei uns gibt's statt Tourterminen nur Erinnerungen an „Two Princes“ und Chris Barrons ikonische Mütze.
Die Spin Doctors sind zurück mit „Face Full of Cake“. Aber bei uns gibt's statt Tourterminen nur Erinnerungen an „Two Princes“ und Chris Barrons ikonische Mütze.
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Wann taucht das Chullo endlich wieder auf unseren Bühnen auf? Wer in den frühen 90ern Musikfernsehen geschaut hat, wird dieses bunte Strickstück sofort vor Augen haben. Chris Barron, der Sänger der Spin Doctors, trug im Video zu „Two Princes“ diese auffällige Anden-Mütze, die eigentlich aus Peru stammt und dort traditionell Chullo genannt wird. Plötzlich war ein Stück südamerikanischer Alltagsmode mitten im MTV-Programm angekommen. Mit seiner bunten Farbigkeit, den folkloristischen Mustern und seiner DIY-Ausstrahlung passte das Chullo perfekt in die damalige Alternative-Szene, die Slacker-Charme und Ethno-Einflüsse mit einem ironischen Augenzwinkern kombinierte.
Die Spin Doctors hatten mit „Two Princes“ 1993 ihren größten internationalen Erfolg. In Deutschland kletterte die Single bis auf Platz vier der Charts, in den USA und in Großbritannien schaffte es der Song ebenfalls weit nach oben. „Two Princes“ war ein lässiger Gitarrenpop-Track, der in endloser Rotation bei MTV lief und die Spin Doctors über Nacht zu Stars machte. Dass Chris Barron in diesem Video das Chullo trug, prägte das Bild der Band in der Öffentlichkeit mindestens so stark wie die eingängige Melodie. Jeder, der die frühen Neunziger bewusst miterlebt hat, erinnert sich an diese Mütze.
Neben „Two Princes“ war auch die erste Single „Little Miss Can’t Be Wrong“ ein Hit und lief auf allen Radiosendern. Damit waren die Spin Doctors für kurze Zeit so etwas wie die freundlichen Helden einer Slacker-Generation, die sich zwischen Grunge, College-Rock und Pop orientierte. Die Spin Doctors verkörperten dabei nicht die dunkle, zornige Seite des Grunge, sondern eher den sonnigen Campus-Sound. Das Chullo auf Chris Barrons Kopf wurde zur Ikone dieser Phase. Doch der Ruhm der Spin Doctors hielt nicht lange an. Nach dem Debütalbum „Pocket Full of Kryptonite“ von 1991 ließ der Erfolg schnell nach. In den USA wie auch in Europa verschoben sich die Trends, während die Spin Doctors eher als One-Hit-Wonder abgestempelt wurden. Das Chullo verschwand mit Chris Barron aus dem Rampenlicht, und die Band musste jahrelang ohne große Aufmerksamkeit weitermachen.
2025 aber ist ein Jahr des Comebacks. Die Spin Doctors haben im April ihr neues Album „Face Full of Cake“ veröffentlicht, das erste Studioalbum seit zwölf Jahren. Entstanden ist es während der Isolation der frühen Pandemie-Monate, als die Band neue Kreativität gefunden hat. Die erste Single „Still a Gorilla“ markierte den Auftakt und war die erste neue Musik seit über einer Dekade. Die Spin Doctors zeigen damit, dass sie nicht nur nostalgische Erinnerungen bedienen wollen, sondern weiterhin aktuelle Songs aufnehmen können. Auch personell gab es Veränderungen. Der langjährige Bassist Mark White verließ die Spin Doctors im Streit um die Corona-Impfung, an seine Stelle trat Jack Daley, der seit 2024 offizielles Mitglied ist. Dieser Besetzungswechsel brachte frisches Blut in die Band, die Spin Doctors klingen auf „Face Full of Cake“ zugleich vertraut und neu. Für die Fans ist das ein starkes Signal, dass hier keine reine Oldie-Band unterwegs ist, sondern Musiker, die ihr Comeback ernst meinen.